28.4 Inodes
Abstraktion
Wenn wir von Dateisystemen sprechen, müssen wir zunächst einmal zwei Sichtweisen unterscheiden. Aus Sicht des Anwenderprogramms ist das Dateisystem eine Ansammlung von hierarchisch angeordneten Dateien, auf die es zugreifen kann.
Aus Sicht des Kernels ist dies jedoch schon anders. Die Implementierung des Dateisystems im Kernel führt im Hintergrund, ohne dass das Anwenderprogramm etwas davon mitbekommt, mehrere Operationen durch, um eine Datei zu lesen. Der Kernel »öffnet« eine Datei beispielsweise für ein Userspace-Programm durch den open()-Syscall. Dabei muss zunächst einmal die zugehörige Inode-Nummer der Datei ausgelesen werden. Mit dieser kann der Kernel dann auf den Inode-Eintrag der jeweiligen Datei und damit letztlich auf ihre Eigenschaften und den Dateiinhalt zugreifen.
Inodes stellen eine Hauptkomponente der Dateiverwaltung unter den Unix-Systemen dar. Jede Datei im Dateisystem verfügt über eine eigene Inode. Die Inode ist der Speicherort für alle Datei-Metadaten und auch für die Dateisystemblöcke, in denen die eigentlichen Dateiinhalte gespeichert sind.
Eine Datei »in« einem Verzeichnis ist durch einen Namen sowie eine eindeutige Inode-Nummer gekennzeichnet. Über diese Inode-Nummer wird auf den jeweiligen Inode-Eintrag des Dateisystems zugegriffen, von welchem dann alle weiteren Informationen der Datei ausgelesen werden können. Der Dateiname selbst ist also nicht Bestandteil eines Inode-Eintrags, denn eine Datei kann mehrmals unter verschiedenen Namen – in Form von Hardlinks – im Dateisystem vorkommen.
28.4.1 Metadaten
Informationen einer Inode
Um herauszufinden, welche Informationen genau in einer Inode gespeichert sind, kann man selbstverständlich auf den Quellcode zurückgreifen. Natürlich sind diese Daten von Dateisystem zu Dateisystem etwas unterschiedlich, weshalb wir uns auf die wichtigsten Eigenschaften eines Inode-Eintrags konzentrieren wollen. Schauen wir uns doch einfach einmal die stat-Struktur im OpenBSD-Sourcecode an, die uns die einzelnen Bestandteile eines solchen Inode-Eintrags im UFS-Dateisystem aufzeigt. Wir haben diese Struktur dabei auf ihre wichtigsten Bestandteile gekürzt:
Listing 28.19 struct stat
struct stat
{
dev_t st_dev; /* Gerät */
ino_t st_ino; /* Inode-Nummer */
mode_t st_mode; /* Zugriffsrechte */
nlink_t st_nlink; /* Link-Count */
uid_t st_uid; /* Eigentümer-UID */
gid_t st_gid; /* Gruppen-ID */
...
#ifndef _POSIX_SOURCE
...
#else
time_t st_atime; /* letzter Zugriff */
long st_atimensec;
time_t st_mtime; /* letzte Modifizierung */
long st_mtimensec;
time_t st_ctime; /* letzte Statusänderung */
long st_ctimensec;
...
};
Aus diesen Auf"|listungen können Sie nun Rückschlüsse auf die Metadaten einer Datei ziehen. Sie zeigen Ihnen
- das Gerät, dem die Inode angehört,
- die Inode-Nummer des Inode-Eintrags,
- die Zugriffsrechte der Datei,
- den Link-Count,
- die Benutzer-ID des Eigentümers,
- die Gruppen-ID der Gruppe, der diese Datei zugeordnet ist,
- den Timestamp des letzten Dateizugriffs,
- den Timestamp der letzten Modifizierung der Datei und
- den Timestamp ihrer letzten Statusänderung.
Diese Daten sind natürlich keine große Überraschung. Jeder Aufruf von ls gibt uns – wenn man denn die -l-Option verwendet – diese Optionen aus. Und, Überraschung: Das Programm bekommt diese Informationen natürlich aus der Inode der betreffenden Datei.
28.4.2 Alternative Konzepte
Inodes sind also ein Konzept, um die Metadaten von Dateien zu speichern. Dieses Konzept ist vor allem bei Dateisystemen aus der Unix-Familie weit verbreitet, darum wurden die Inodes hier auch so ausführlich besprochen. Eine alternative Möglichkeit wäre zum Beispiel eine File Allocation Table, kurz FAT. Diese Tabelle enthielt unter den gleichnamigen DOS/Windows-Dateisystemen alle Metadaten über die im Dateisystem bekannten Dateien.
Jedoch kann eine solche Tabelle durch Crashes leicht zerstört werden, und bei vielen Metadaten (wie unter Unix üblich) – FAT16/32 kannte dagegen ja keine Benutzer- oder Dateirechte – verliert FAT schnell an Leistung.
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