30.3 Debugging
Ein sehr wichtiges Werkzeug in der Softwareentwicklung ist der Debugger. Jede gute Entwicklungsumgebung enthält entweder selbst einen Debugger (das ist beispielsweise bei Microsofts Visual-Studio/.NET der Fall) oder greift auf einen externen Debugger zurück (etwa KDevelop unter Linux).
Ein Debugger hat die Aufgabe, das Fehlverhalten von Programmen für den Entwickler auffindbar zu machen. Dabei kann man Programmanweisung für Programmanweisung einzeln ablaufen lassen, während man parallel beispielsweise den Inhalt diverser Variablen im Blick behält.
Wir werden uns in diesem Buch mit dem mächtigsten freien Unix-Debugger auseinandersetzen: dem GNU-Debugger GDB. Er ist eigentlich auf jedem Linux- und BSD-System vorhanden und aufgrund seiner Verfügbarkeit auf diversen Plattformen sowie seines großen Funktionsumfangs äußerst beliebt.
Leider schrecken viele Entwickler trotzdem vor diesem Debugger zurück, da seine Anwendung (ohne Zuhilfenahme von Zusatztools) auf die Konsole beschränkt ist und alle Befehle von Hand eingegeben werden müssen. Doch auch dafür gibt es Lösungen, etwa die grafischen Fontends Xxgdb oder DDD.
Im Folgenden geben wir zunächst eine Einführung in das Debuggen mit dem GDB auf der Konsolenebene und kommen anschließend auf den DDD zu sprechen, der Ihnen bereits mehr Komfort bietet und einfacher zu bedienen ist.
30.3.1 Vorbereitung
In diesem Kapitel werden wir ein Beispielprogramm, das mit einem Fehler versehen ist, als Debugging-Grundlage verwenden. Das Listing dieses Programms sehen Sie hier:
Listing 30.15 sample.c
#include <stdio.h>
#include <string.h>
int main(int argc, char *argv[])
{
char a[]="abcdefghijklmnopqrstuvwxyz";
strcpy(a+26, a);
return 0;
}
Unser Programm nennt sich sample. Normalerweise würde man es durch einen Aufruf von
gcc -o sample sample.c
übersetzen, doch reicht dies nicht aus, um komfortabel mit dem GNU-Debugger zu arbeiten. Dazu muss man gcc die Compiler-Option -g übergeben. Der Aufruf gestaltet sich also folgendermaßen:
gcc -g -o sample sample.c
Führt man sample aus, erhält man, wie zu erwarten, eine Zugriffsverletzung im Speicher. In diesem Fall erstellen Unix-Systeme einen sogenannten Coredump. Dies ist eine Datei, deren Name sich aus dem Programmnamen und der Endung .core zusammensetzt und ein Speicherabbild des bis dahin ausgeführten Programmes enthält. Diese Datei wird beim Debuggen verwendet, um die Absturzstelle im Programm aufzuspüren.
Listing 30.16 sample
$ ./sample
Segmentation fault (core dumped)
$ ls
sample sample.c sample.core
30.3.2 Konsolenarbeit
Nun werden wir uns zunächst auf der blanken Konsole bewegen und einige Grundlagen des gdb erlernen. Dazu rufen wir gdb mit der Binärdatei und der Core-Datei als Argumente auf. Nachdem die Startmeldungen erschienen sind, teilt uns GDB auch gleich die Fehlerquelle mit, bei der die Speicherzugriffsverletzung stattfand: nämlich während eines Aufrufs der C-Libary-Funktion strcpy().
Listing 30.17 gdb starten
$ gdb sample sample.core
GNU gdb 6.1
Copyright 2004 Free Software Foundation, Inc.
(...)
This GDB was configured as "i386-unknown-openbsd3.6"
Core was generated by `sample'.
Program terminated with signal 11, Segmentation fault.
Reading symbols from /usr/lib/libc.so.34.2...done.
Loaded symbols for /usr/lib/libc.so.34.2
Reading symbols from /usr/libexec/ld.so...done.
Loaded symbols for /usr/libexec/ld.so
#0 0x047ad4fb in strcpy () from /usr/lib/libc.so.34.2
(gdb)
run und kill
Würden wir das Programm einfach durchlaufen lassen (gestartet wird mit dem Befehl run), würde sich uns die gleiche Information zeigen. Ein Programm in der Ausführung lässt sich durch den Befehl kill abbrechen.
Listing 30.18 sample durchlaufen lassen
(gdb) run
Starting program: /home/cdp_xe/test/sample
Program received signal SIGSEGV, Segmentation fault.
0x000bc523 in strcpy () from /usr/lib/libc.so.34.2
list
Möchte man sich nun den Sourcecode des Programms ansehen, ruft man einfach den Befehl list auf. Dabei wird wahrscheinlich nicht gleich der gesamte Quelltext angezeigt. Durch mehrmaliges Betätigen der Enter-Taste werden weitere Zeilen inklusive deren Zeilennummern angezeigt. Wenn alle Zeilen durchlaufen wurden, erhalten Sie eine entsprechende Meldung.
Breakpoints
Möchte man nun einen Breakpoint setzen, ist es von großem Vorteil, die Zeilennummern zu kennen, die man, wie Sie ja nun wissen, via list herausbekommt. Dabei verwendet man den Befehl break, der als Parameter die Nummer der Zeile übergeben bekommt, in der ein Breakpoint gesetzt werden soll.
[»]Da fast jedes Softwareprojekt aus mehreren Quelldateien besteht, reicht es natürlich nicht aus, wenn man irgendeine Zeilennummer für einen Breakpoint angeben kann. Um zusätzlich die Quelldatei anzugeben, wird der Dateiname einfach zusätzlich bei break übergeben: break x.c:7.
Listing 30.19 break
(gdb) list
1 #include <stdio.h>
2 #include <string.h>
3
4 int main(int argc, char *argv[])
5 {
6 char a[]="abcdefghijklmnopqrstuvwxyz";
7
8 strcpy(a+26, a);
9
10 return 0;
11 }
(gdb)
Line number 12 out of range; sample.c has 11 lines.
(gdb) break 7
Breakpoint 1 at 0x1c0005fd: file sample.c, line 7.
Unser sample-Programm wird bei der Ausführung also nun in Zeile 7 angehalten. Da wir wissen, dass an der Speicherstelle a+26 nicht genug Platz für den Buffer-Inhalt von a sein wird, können wir – nachdem wir das Programm durch run bis zu dieser Position haben laufen lassen – den Wert von a so verändern, dass a nur noch das String-Terminierungszeichen \0 enthäl.
Würde nun also \0 an a+26 (dort steht sowieso ein \0) kopiert, so riefe dies keine Speicherzugriffsverletzung hervor, und das Programm würde normal beendet.
set
Der Wert einer Variablen wird mit dem Befehl set verändert:
Listing 30.20 Den Wert einer Variablen anpassen
(gdb) run
Starting program: /home/cdp_xe/test/sample
Breakpoint 1, main (argc=1, argv=0xcfbf33e0) at
sample.c:8
8 strcpy(a+26, a);
(gdb) set variable a = "\0"
step und cont
Nun möchte man natürlich auch testen, ob die weitere Ausführung des Programms funktioniert. Hierzu kann man entweder alle weiteren Anweisungen bis zum Programmende bzw. bis zum nächsten Breakpoint automatisch ablaufen lassen (was mit dem Befehl cont erreicht wird) oder auch schrittweise vorgehen, wobei jeweils nur eine Anweisung ausgeführt wird. Dazu verwendet man den Befehl step.
Listing 30.21 Der Befehl step
(gdb) step
10 return 0;
(gdb) step
11 }
(gdb) step
0x1c0004c1 in ___start ()
(gdb) step
Single stepping until exit from function ___start,
which has no line number information.
Program exited normally.
Variablen abfragen
Möchte man hingegen beim Ablauf des Programms den Wert einer Variablen abfragen, ist auch dies kein Problem. Der Name der Variablen wird dazu einfach an den Befehl print übergeben.
Listing 30.22 print a
(gdb) print a
$1 = "abcdefghijklmnopqrstuvwxyz"
(gdb) print argc
$3 = 1
(gdb) print argv
$4 = (char **) 0xcfbfb410
(gdb) print argv[0]
$5 = 0xcfbfb614 "/home/cdp_xe/test/sample"
help
Der GNU-Debugger unterstützt noch zahlreiche weitere Funktionen, auf die wir allerdings nicht im Einzelnen eingehen können. Daher verweisen wir auf die interne Hilfe-Funktion des Debuggers, die man, wie könnte es anders sein, mit dem Befehl help aufruft.
Weitere Informationen zum gdb in ausführlicherer Form erhalten Sie über die Info-Seite des Debuggers: info gdb.
30.3.3 DDD
Für den Fall, dass man nicht alle GDB-Befehle direkt eingeben möchte, kann man ein Frontend zu Hilfe nehmen. Dabei gibt es verschiedene Frontends, beispielsweise ncurses-basierte für die Konsole und diverse X11-Varianten, etwa den veralteten Xxgdb. Wir werden uns mit einem sehr leistungsstarken GDB-basierten X11-Debugger, dem Data Display Debugger (DDD) beschäftigen.
Der DDD ist ein vergleichsweise einfach zu verwendender Debugger mit einigen sehr interessanten Features. Entwickelt wurde DDD an der technischen Universität Braunschweig, und er unterstützt neben C und C++ auch Fortran, Ada und einige weitere Sprachen.
Sie müssen DDD übrigens nicht zwangsläufig in Verbindung mit GDB verwenden. Es können über die entsprechenden Optionen auch andere Debugger, etwa jdb, Ladebug, perldebug, WDB, XDB oder PyDB verwendet werden. Außerdem kann der DDD auch remote debuggen.
Start
Gestartet wird DDD per Aufruf des Kommandos ddd und Angabe der Programm- datei des zu debuggenden Programms.
Bedienung
Die Bedienung des DDD ist recht intuitiv – lesen Sie auch die Tipps, die beim Start des Tools angezeigt werden.
Erwähnenswert ist vor allen Dingen die Möglichkeit, die Strukturen des Programms grafisch hervorzuheben. Dazu klickt man eine Variable während der Laufzeit mit der rechten Maustaste an (am besten setzt man sich hierzu irgendwo Breakpoints) und klickt auf Display bzw. Display für Pointer.
Abbildung 30.2 ddd zeigt Strukturen an.
Analog dazu kann man natürlich auch ganz einfach den GDB-Befehl graph display verwenden. Um beispielsweise den Inhalt der Variablen char *Q zu überwachen, müsste der folgende Befehl eingegeben werden:
Listing 30.23 *Q anzeigen lassen
(gdb) graph display *Q
Einzelne Werte der Strukturen lassen sich so einfach und unaufwändig überwachen und entweder direkt mit dem gdb-Befehl oder per Mausklick anpassen. Auch wenn Sie also mit den GDB-Befehlen auf Kriegsfuß stehen, ist dies also kein Problem.
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