30.14 Wichtige Bibliotheken
Bevor wir dieses Kapitel abschließen, möchten wir noch auf einige sehr populäre Bibliotheken hinweisen, die alle sowohl unter Linux als auch unter den BSD-Betriebssystemen zur Verfügung und frei verfügbar sind.
30.14.1 Entwicklung grafischer Oberflächen
Zur Entwicklung grafischer Oberflächen stehen neben der blanken Xlib noch weitere bekannte Bibliotheken zur Verfügung. Dazu zählen:
- ncurses
Bei ncurses handelt es sich um eine Bibliothek zur Erstellung grafischer Oberflächen auf Konsolenebene. - OpenMotif
OpenMotif ist eine Bibliothek, die sehr an das Aussehen älterer kommerzieller Unix-Oberflächen erinnert. Der Nachteil von OpenMotif ist der komplexe Quellcode. Neben OpenMotif existieren noch die kostenpflichtige Variante Motif und die unter der LGPL lizenzierte Variante LessTif (http://www.lesstif.org). - Tk
Tk wurde primär entwickelt, um grafische Oberflächen für Tcl-Skripts zu entwickeln. Allerdings kann man Tk beispielsweise auch in der Perl- und C-Programmierung verwenden. Von der Kombination C und Tk raten wir Ihnen aus eigener Erfahrung ab (siehe Abschnitt C_Tk_abraten). Weichen Sie stattdessen auf GTK+ oder Qt aus. - GTK+
Das GIMP Toolkit (GTK+) ist eine Library, die ursprünglich für das Grafikprogramm GIMP erstellt wurde. Mittlerweile wurden viele populäre Programme wie der IRC-Client XChat oder die Desktop-Oberfläche GNOME mithilfe der GTK+-Library entwickelt. Weitere Informationen zu dieser Bibliothek finden Sie unter gtk.org. Ein Vorteil von GTK+ besteht darin, dass es auf verschiedenen Plattformen – auch auf Windows – verfügbar ist. Zudem kann es hervorragend in Verbindung mit Ruby, Perl und C verwendet werden. - Qt
Die norwegische Firma Trolltech (trolltech.no) hat die objektorientierte Bibliothek Qt entwickelt, eine recht umfangreiche C++-Library. Qt ist zum einen sehr portabel und zum anderen kann man mit relativ wenig Code relativ viel bewirken. Die KDE-Desktop-Oberfläche sowie deren Komponenten basieren auf der Qt-Bibliothek, was seit vielen Jahren zu dessen Popularität beiträgt. Qt ist quelloffen und nur für den kommerziellen Gebrauch kostenpflichtig. - OpenGL
Die OpenGL-Bibliothek ermöglicht grafische Programmierung auf hohem Niveau. Fast alle guten Linux-Spiele sind mit dieser Library realisiert worden, wozu auch viele aktuelle kommerzielle Spiele zählen.
»Hello, World« am Beispiel von Qt
Wir möchten Ihnen ein kleines »Hello, World«-Programm am Beispiel von Qt vorführen. Für Qt haben wir uns entschieden, weil man mit dieser Bibliothek am komfortabelsten grafische Benutzerinterfaces (GUIs) entwickeln kann. Anders als bei GTK+ muss man sich bei Qt nicht mit meterlangen Funktionsnamen herumschlagen und spart Unmengen an Quellcode! Ein Qt-basiertes »Hello, World«-Programm sieht in C++ folgendermaßen aus:
Listing 30.86 hello.cpp
#include <QApplication>
#include <QPushButton>
int main(int argc, char *argv[]) {
QApplication app(argc, argv);
QPushButton hello("Hello, World");
hello.resize(80, 20);
hello.show();
return app.exec();
}
Für eigentlich jedes Qt-Widget gibt es eine eigene Headerdatei. In diesem Fall benötigen wir nur die primäre Headerdatei für die Erstellung einer Qt-Anwendung (QApplication) sowie jene für den Push Button (QPushButton). Ein Push Button ist eine Schaltfläche, der man im Anwendungsfenster eine Größe, eine Aufschrift und eine Aktion zuordnen kann.
In der main()-Funktion erstellen wir zunächst ein QApplication-Objekt »app«, dem wir die Aufrufparameter der main()-Funktion übergeben. Danach erstellen wir ein QPushButton-Objekt, dem wir die Aufschrift »Hello, World« verpassen.
Mit der resize()-Methode werden die Maße des Buttons festgelegt und mit der show()-Methode wird er im Fenster der Anwendung sichtbar. Anschließend wird die Kontrolle noch der exec()-Funktion der QApplication übergeben, so dass Qt die Kontrolle über die Anwendung übernimmt.
Kompilieren
Erstellt wird die Programmdatei automatisch durch qmake, das das Verzeichnis nach C++- und Headerdateien untersucht und automatisch ein Makefile generiert. Anschließend müssen wir noch das eigentliche make-Programm aufrufen, um das erzeugte Makefile zu benutzen.
Listing 30.87 Das Projekt übersetzen
$ qmake -project
$ qmake
$ make
Startet man das Programm, so sollte man den Hello, World-Button erkennen. Er verfügt noch über keine Funktion, ist aber bereits sichtbar.
Abbildung 30.6 Das Qt-»Hello, World«-Programm
Funktionalität
In Qt werden Objekte mit einer Funktion verbunden, indem man sie connectet. Möchte man beispielsweise das Programm beenden, wenn der obige Button angeklickt wurde, so übergibt man ihm als ersten Parameter an die connect-Methode, die ihn mit dem Signal clicked() verbinden und durch quit() beenden soll.
Listing 30.88 Hello-Button connecten
Object::connect(&hello, SIGNAL(clicked()), &app, SLOT(quit()));
30.14.2 Weitere Bibliotheken
Neben den oben erwähnten, populären Grafikbibliotheken existieren noch einige weitere Bibliotheken, die wir Ihnen selbstverständlich nicht vorenthalten.
- libc
Standard-C-Bibliothek - libstdc++
ANSI C++-Library von GNU - pcap
Die pcap (Packet Capture Library) bietet Zugriff auf den TCP/IP-Link-Layer. Hiermit lassen sich Pakete – etwa Ethernet- oder PPP-Frames – abfangen. Viele Sniffer (zum Beispiel tcpdump) verwenden diese Bibliothek. Der enorme Vorteil besteht darin, dass pcap recht portabel ist und man sich durch die Verwendung der Library-Funktionen am direkten Zugriff auf die systemabhängigen Zugriffsmechanismen für den Link-Layer vorbeischummeln kann. [Fn. Dazu zählen etwa das Data-Link Provider-Interface (DLPI) und der BSD Packet Filter.] - libxml2
Library zur Verarbeitung von XML-Daten - libUSB
Library für den Zugriff auf den Universal Serial Bus (USB) - libunicode
Diese Library bietet Funktionalität, um Unicode-Zeichen und -Strings zu bearbeiten. Dabei werden UTF-8 und UCS-2 unterstützt. - libpng
Library zum Erstellen und Lesen von png-Bilddateien - LibTIFF
Library zur Arbeit mit tiff-Bilddateien - libungif
Library zur Arbeit mit gif-Bilddateien - libmpeg2
Library zum Decodieren von MPEG-2-Videostreams - Readline
Mit dieser Library implementieren Sie benutzerfreundliche Eingaben auf Konsolenebene in das eigene Programm. - libtar
Library zur Manipulation von tar-Archivdateien - zlib
Library zur Kompression von Daten
Ihr Kommentar
Wie hat Ihnen das <openbook> gefallen? Wir freuen uns immer über Ihre freundlichen und kritischen Rückmeldungen.