23 Hilfe
»Man darf nie aufhören zu fragen.«
Albert Einstein (1879–1955),
Physiker
Was Sie in diesem Kapitel erwartet
Linux hat schon lange den Status eines »Systems für Bastler« verlassen. Dies ist unter anderem ein Verdienst von Ubuntu, das sich das Ziel einer leichten Bedienbarkeit auf die Fahnen geschrieben hat. Aber kein System ist perfekt, und auch bei der Nutzung von Ubuntu können Sie auf Probleme stoßen.
Canonical investiert bei der Entwicklung von Unity viel Arbeit in die Barrierefreiheit, um auch Benutzern mit Behinderungen den Umgang mit dem Computer zu ermöglichen. Die dazu notwendigen Techniken werden immer weiter verfeinert.
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem Aufspüren von Hardwareinformationen und dem Lösen von Problemen – auch per »Fernbedienung« auf einem entfernten Rechner. Hier dreht sich alles um die Hilfe zur Selbsthilfe. Sie erfahren, welche Möglichkeiten Ihr System und das Internet bieten, um bei Problemen rasch Hilfe zu finden.
Benötigtes Vorwissen
Es sind keine Vorkenntnisse nötig. Für einige Tipps sollten Sie den grundlegenden Umgang mit dem Terminal beherrschen (siehe Abschnitt »Das Terminal«).
23.1 Barrierefreie Dateiformate
Im Folgenden möchte ich mich ein wenig über Barrierefreiheit im Computerbereich im Allgemeinen und über barrierefreie Dateiformate im Besonderen auslassen. Was ist mit »Barrierefreiheit« eigentlich gemeint? Häufig ist damit nur die uneingeschränkte Zugänglichkeit von Gebäuden und Informationen für Behinderte gemeint. Grundsätzlich grenzt der Begriff seine Bedeutung aber auf keine bestimmte Personengruppe ein – »barrierefrei« bedeutet also viel mehr als nur »behindertengerecht«. Als barrierefrei wird also sowohl eine Website beschrieben, die von Sehbehinderten problemlos genutzt werden kann, als auch ein Dateiformat, das sich ohne kostenpflichtige Software eines bestimmten Herstellers lesen lässt.
Ganz allgemein soll keinem Nutzer eines Angebots die Pflicht auferlegt werden (oder die Hürde in den Weg gestellt werden), genau dieselbe Hard- oder Software wie der Autor des Angebots zu verwenden.
Das Stichwort heißt hier Plattformunabhängigkeit – ein Internetangebot soll sowohl mit dem PC als auch mit einem PDA, einem Handy usw. zugänglich sein. Ebenso soll es unabhängig von der verwendeten Software und dem verwendeten Betriebssystem sein. Es gibt allerdings eine Einschränkung: Die verwendete Software muss sich hierbei an bestimmte Standards halten, denn keiner kann von einem Autor verlangen, sein Angebot an jede Software anzupassen. Vielmehr versucht dieser, bestimmte Standards einzuhalten, um so eine möglichst gute Zugänglichkeit zu bieten.
Web 2.0
Web 2.0-Anwendungen sind unbestritten sehr nützlich, allerdings besteht – wie oft bei neuen Anwendungen – die Gefahr, dass die Barrierefreiheit wieder ins Hintertreffen gerät. Aber gerade der Community-Gedanke des Web 2.0 ist besonders interessant für Menschen mit jeglicher Art von Behinderung. In der EU gibt es knapp 40 Millionen Menschen mit verschiedenen Graden von Behinderungen. Diese erstrecken sich von leichten Einschränkungen wie Sehschwächen bis hin zu schweren Behinderungen wie Blindheit oder auch schweren motorischen Störungen. Aus der Definition einer leichten Sehschwäche geht hervor, dass auch ältere Menschen, die altersbedingt an Sehkraft verlieren, zur Gruppe der Behinderten gezählt werden müssen. Mittlerweile beträgt der Anteil der Über-60-Jährigen etwa 20 Prozent – mit steigender Tendenz. Die Nutzergruppe der Behinderten ist also beileibe keine Randgruppe, die außer Acht gelassen werden kann.
Kommen wir nun zu der erweiterten Bedeutung der Barrierefreiheit: Als reiner Windows-Nutzer macht man sich meist wenig Gedanken, in welchem Format man Dokumente weiterschickt. Tabellen verschickt man im Excel-Format, Briefe als Word-Dokument – ist doch klar, oder? Nun, ist es eben nicht. Nachdem Sie bereits ein wenig in die GNU/Linux-Welt hineingeschnuppert haben, ist Ihnen vielleicht bewusst geworden, dass die Sache doch nicht ganz so einfach ist. Zwar kann LibreOffice grundsätzlich recht gut mit Formaten von Microsoft Office umgehen, aber »ganz gut« ist eben nicht perfekt. Kritisch sind beispielsweise Makros in Excel-Tabellen und Animationen in PowerPoint.
Probleme auch in der Windows-Welt
Um auf Probleme mit bestimmten Dateiformaten zu stoßen, brauchen Sie sich aber gar nicht den GNU/Linux-Anwender anzusehen: Anders als (K)Ubuntu bringt Windows von Haus aus gar keine Office-Suite mit. Auch als Windows-Nutzer sind Sie also möglicherweise auf LibreOffice angewiesen. Es ist daher zumindest gedankenlos, wenn nicht sogar unhöflich, Ihr Gegenüber ungefragt mit sogenannten »geschlossenen« Dateiformaten zu »beglücken«.
Was können Sie tun? Zunächst einmal: Einen richtigen offenen Standard gibt es noch nicht, lediglich ein Normentwurf ist veröffentlicht. Dieser Normentwurf bezieht sich allerdings nur auf Office-Anwendungen. Es gibt bereits eine Reihe von Anwendungen, die sich nach den im Normentwurf festgelegten Standards für das sogenannte Open Document Format richten. Darunter sind:
- LibreOffice verwendet es als Standardformat.
- Scribus kann OpenDocument-Text und -Zeichnungen importieren.
In gewissen Grenzen ist auch PDF ein barrierearmes Format, da es mit vielen verschiedenen Anwendungen angezeigt werden kann.
Tipp 287: Ubuntu spricht mit Ihnen |
In Ubuntu ist espeak, ein Programm zur Wiedergabe von Sprache, integriert. Eigentlich ist es dafür vorgesehen, in Partnerschaft mit orca, dem Bildschirmleser, dafür zu sorgen, dass Personen mit Sehbehinderungen den PC problemlos bedienen können. Sie können es allerdings auch separat aus einem Terminal starten. Hierzu geben Sie dem Programm den Text als Argument mit: |
espeak "Hallo" |
Allgemein ist die Ausgabe von Sprache noch eine große Herausforderung für ein Betriebssystem, aber Sie können sich durch Ausprobieren von beliebigen Texten von den Fähigkeiten überzeugen. Das Programm ist leider noch weit davon entfernt, alltagstauglich und umfassend nutzbar zu sein. |
Die Ausgabe können Sie jederzeit durch die Tastenkombination + stoppen. Sie haben übrigens die Wahl zwischen verschiedenen verfügbaren Stimmen. Für eine Übersicht geben Sie espeak --voices ein. Eine neue Stimme wählen Sie dann beispielsweise so aus: |
espeak -v en-westindies "Dies ist ein Beispiel für jamaikanische Aussprache" |
Mit der Option -s 140 können Sie eine Geschwindigkeit von 140 Wörtern/Minute einstellen – standardmäßig sind es 170. |
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