2.3 Ubuntu inside
In all den Jahren, in denen ich mich mit Linux beschäftigt habe, ist mir noch nie eine derart freundliche, hilfsbereite Gemeinschaft begegnet. Manchmal betonen einige Linux-Benutzer einen vermeintlich elitären Status »ihres« Betriebssystems und behaupten dann im gleichen Atemzug, dass Linux eben nicht für jeden gedacht sei oder dass es sich seine »Freunde« besonders gut aussuche. Dies ist natürlich nicht richtig – Linux ist nicht elitär. Es ist nichts anderes als ein Betriebssystem, das offen für jeden ist, dementsprechend aber auch diffiziler, denn es verlangt vom Nutzer einen höheren Anteil an selbständigem Handeln als andere Betriebssysteme.
Linux ist für Einsteiger zu Beginn wahrscheinlich schwerer zu durchdringen, besonders wenn man jahrelang den Umgang mit Windows gewohnt war. Aber dies gibt erfahreneren Benutzern oder Entwicklern nicht das Recht, den Anfängern den Einstieg zusätzlich zu erschweren oder sie zu entmutigen. Solch ein Verhalten zeugt nur von mangelndem Respekt; leider ist die Hürde für einen respektlosen Umgang im vermeintlich anonymen Internet wesentlich niedriger als im realen Leben.
2.3.1 Linux für Menschen
Der Slogan »Linux für Menschen«, den sich Ubuntu auf die Fahnen geschrieben hat, soll nicht nur eine Marketingstrategie sein, Ubuntu möchte diesen Satz auch aktiv umsetzen. Ubuntu soll bewusst anders als andere Distributionen sein – freundlich, hilfsbereit und offen. Und genau so will auch die Community rund um die Distribution handeln. Dies ist das Erfolgsgeheimnis dieser Distribution.
Helfen Sie mit
Sie lernen in Abschnitt 2.3.5, »Launchpad«, das Launchpad kennen. Mit dessen Hilfe können Sie mit einfachsten Mitteln und geringem Aufwand aktiv bei der Entwicklung von Ubuntu helfen. Sie können dort aber nicht nur Fehlermeldungen abgeben, sondern auch den Fortschritt bei der Behebung von bereits gemeldeten Fehlern begutachten.
Sie können auf der gleichen Seite übrigens auch an der Übersetzung von Ubuntu mitwirken. Bei Interesse an einem solchen Hobby können Sie Mitglied des Übersetzerteams werden. Sie haben somit die einzigartige Chance, Ubuntu mitzuentwickeln. In Abschnitt 23.11, »Informationen aus dem Internet«, finden Sie eine Übersicht über die wesentlichen Adressen und Hilfequellen im Internet.
2.3.2 Code of Conduct (CoC)
Um zu funktionieren, braucht diese Art der Zusammenarbeit gute Beziehungen zwischen den Entwicklern. Deshalb haben sich die »Ubunteros« (wie sie sich selbst nennen) auf die folgenden Regeln geeinigt. Sie sollen helfen, die Zusammenarbeit zu definieren und so zu vereinfachen. Dieses kleine Regelwerk wird bei Ubuntu als »Code of Conduct« (CoC) bezeichnet (zu Deutsch: »Verhaltensrichtlinien«). Die folgenden Abschnitte stammen im Wesentlichen aus dem Wiki der offiziellen Ubuntu-Webseite (http://www.ubuntu.com/community/conduct).
»Diese Regeln betreffen dein Verhalten als Mitglied der Ubuntu-Gemeinschaft, und zwar auf allen Foren, Mailinglisten, Wikis, Webseiten, IRC-Kanälen, Linux-Installations-Partys, auf öffentlichen Treffen oder im privaten Dialog. Der Ubuntu-Gemeinschaftsrat (der sogenannte Community Council) vermittelt bei Auseinandersetzungen um das Verhalten eines Mitglieds der Gemeinschaft.
- Achtsamkeit
Sei achtsam. Dein Werk wird von anderen Leuten verwendet, und du hängst von den Werken anderer ab. Jede Entscheidung, die du fällst, hat Konsequenzen für Anwender und Kollegen: Wir erwarten, dass du diese Konsequenzen bei deinen Entscheidungen berücksichtigst. Ein Beispiel: Wenn wir in einem »Feature Freeze« sind, dann stelle nicht die allerneueste Version eines kritischen Systemprogramms auf den Server – andere wollen das System testen und erwarten in diesem Stadium keine größeren Änderungen. - Respekt
Sei respektvoll. Die Ubuntu-Gemeinschaft und ihre Mitglieder behandeln einander zuvorkommend. Jeder kann einen wertvollen Beitrag zu Ubuntu leisten. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber Meinungsverschiedenheiten entschuldigen nicht schlechtes Benehmen. Wir sind alle ab und zu frustriert, aber wir dürfen nicht zulassen, dass aus dem Frust ein persönlicher Angriff wird. Vergiss nie, dass eine Gemeinschaft, in der manche Menschen sich unwohl oder bedroht fühlen, unproduktiv ist. Wir erwarten von unseren Mitgliedern, dass sie andere Mitwirkende respektvoll behandeln, genauso wie Menschen außerhalb des Ubuntu-Projekts oder unsere Anwender. - Hilfsbereitschaft
Sei anderen behilflich. Die Grundlage von Ubuntu und freier Software ist das Zusammen- und Miteinanderarbeiten. In der Welt der freien Software hilft Zusammenarbeit, überflüssige Arbeit zu vermeiden, und verbessert die Qualität der entstehenden Programme.Dein Ziel soll es sein, mit anderen Ubuntu-Maintainern zusammenzuarbeiten und mit den ursprünglichen Autoren der Programme, wenn sie sich für deine Arbeit interessieren. Deine Ergebnisse sollen transparent sein; unsere Änderungen sollen dann weitergegeben werden, wenn sie entstehen, nicht erst, wenn die nächste Version herauskommt. Wenn du an neuem Code für bestehende Projekte arbeitest, dann informiere deren Mitarbeiter wenigstens über deine Ideen und deinen Fortschritt.
Es ist nicht immer möglich, mit den ursprünglichen Autoren oder auch nur unter den Ubuntu-Kollegen einen Konsens darüber zu erzielen, wie eine Idee korrekt implementiert wird. Du musst also nicht unbedingt auf einen Konsens warten, bevor du beginnst. Aber du sollst die Betroffenen informieren und deine Arbeit so veröffentlichen, dass andere deine Leistung testen und besprechen und zu ihr beitragen können.
- Meinungsverschiedenheiten
Besprich Meinungsverschiedenheiten mit anderen. Unstimmigkeiten, politische wie technische, sind unausweichlich, und die Ubuntu-Gemeinschaft ist keine Ausnahme. Das Wichtigste ist nicht, andere Meinungen oder Ansichten zu vermeiden, sondern sie konstruktiv zu klären. Wende dich an die Gemeinschaft, und nutze sie, um dir Rat zu holen und Probleme zu lösen. Unser Technikausschuss oder der Gemeinschaftsrat können helfen, den richtigen Kurs für Ubuntu festzulegen. Es gibt auch einige Projektteams oder Teamchefs, die dir helfen können, zu entscheiden, welcher Weg der tragbarste ist.Wenn du wirklich deinen eigenen Weg gehen willst, kannst du eine von Ubuntu abgeleitete Distribution erstellen oder deine Pakete mit dem Ubuntu-Paketmanagement als Alternativen anbieten, damit die Gemeinschaft deine Änderungen testen und diskutieren kann.
- Fragen stellen
Frage, wenn du dir unsicher bist. Niemand weiß alles, und von niemandem erwarten wir Perfektion (außer natürlich vom SABDFL[Fn. SABDFL bedeutet »Self Announced Benevolent Dictator For Life«, zu Deutsch: »Selbst ernannter gütiger Diktator auf Lebenszeit«. In Open-Source-Projekten oftmals die anerkannten Leiter eines Projekts.]). Fragen sofort zu stellen, vermeidet später Probleme, deshalb sind Fragen ausdrücklich erwünscht. Die Gefragten sollen konstruktiv antworten. Allerdings musst du darauf achten, für deine Fragen das richtige Forum zu wählen. Deplatzierte Beiträge (Beispiel: Hilfsanfragen auf einer Mailingliste für Entwickler) lenken von produktiver Diskussion ab. - Übergabe
Wenn du ausscheidest, gib deine Verantwortung weiter. In jedem Projekt kommen und gehen die Leute, und bei Ubuntu ist das nicht anders. Wenn du das Projekt verlässt oder dich zurückziehst, tu das bitte auf die Art und Weise, die das Projekt am wenigsten durcheinanderbringt. Das bedeutet: Sag den anderen, dass du gehst, und gib deine Aufgaben so weiter, dass andere da weitermachen können, wo du aufgehört hast.
Mailinglisten und Foren sind ein wichtiges Standbein der Gemeinschaft. Diese Regeln betreffen natürlich auch dein Verhalten dort. Bitte beachte zusätzlich:
- Verwende eine gültige E-Mail-Adresse, an die Antworten direkt geschickt werden können.
- Bitte keine Flamewars, »Trolling«, persönliche Angriffe oder wiederholt dieselben Argumente. In technischen Fragen kann der Technikausschuss, bei sozialen Problemen in der Gemeinschaft kann der Gemeinschaftsrat eine endgültige Entscheidung fällen.«
Für wen gilt der Code of Conduct?
Der Code of Conduct gilt im Wesentlichen für alle Ubuntu-Entwickler, nicht für Sie als Benutzer dieses Systems. Sie werden allerdings von der Gemeinschaft aller Nutzer herzlich gebeten, sich diese Absätze auch durchzulesen und sich möglichst daran zu halten.
Ubuntu lebt von den Benutzern, und der Umgang miteinander hat wesentlichen Einfluss auf den Erfolg dieser Distribution. Diese Regeln sind keine Vorschriften im eigentlichen Sinne (es gibt keine Regeln für irgendwelche Konsequenzen bei Nichteinhaltung des CoC), aber sie sollen als Empfehlungen verstanden werden.
2.3.3 Die Ubuntu-Grundsätze
Das Wiki der offiziellen Ubuntu-Website enthält die wichtigsten Überzeugungen von Ubuntu, die ich hier aufgreifen und Ihnen darstellen möchte. Dazu heißt es im Wiki: »Unsere Arbeit an Ubuntu wird von einem Verständnis der Freiheit von Software getragen, das – so hoffen wir – sich verbreiten und die Vorteile der Softwareverwendung in alle Erdteile tragen wird. Ubuntu ist ein gemeinschaftlich getragenes Projekt mit dem Ziel, ein Betriebssystem und eine vollständige Auswahl an Anwendungsprogrammen zu schaffen und dazu freie und quelloffene Software zu benutzen. Das Herzstück des Verständnisses der Freiheit von Software bei Ubuntu sind diese zentralen Überzeugungen:
- Jeder Benutzer eines Computers sollte seine Programme für jeden Zweck einsetzen, kopieren, in kleinerem oder größerem Rahmen weitergeben, zu verstehen suchen, ändern und verbessern können, ohne Lizenzgebühren bezahlen zu müssen.
- Jeder Benutzer eines Computers sollte die Möglichkeit haben, seine Programme in einer Sprache seiner Wahl zu benutzen.
- Jeder Benutzer eines Computers sollte sämtliche Möglichkeiten haben, seine Programme zu benutzen, auch im Falle einer Behinderung.
Unsere Überzeugungen sind in die Programme eingeflossen, die wir geschrieben und in unsere Distribution einbezogen haben. So werden die Lizenzbedingungen der Programme, die wir vertreiben, an diesen Überzeugungen mit Hilfe der Ubuntu-Software-Lizenzrichtlinien gemessen.
Wenn du Ubuntu installierst, erfüllen fast alle Programme schon diese gewünschten Anforderungen, und wir arbeiten daran, dass jegliches Programm, das du benötigst, unter Lizenzbedingungen erhältlich ist, die dir diese Freiheiten zugestehen. Derzeit gibt es spezielle Ausnahmen für einige Treiber, die es nur in Binärform gibt, ohne die Ubuntu auf vielen Rechnern nicht vollständig installiert werden kann. Diese haben wir in die restricted section unseres Systems eingestellt, wo sie sich einfach entfernen lassen, wenn man sie nicht benötigt.«
Freie Software
Für Ubuntu bezieht sich das »frei« in »freier Software« in erster Linie auf »Freiheit« und nicht auf den Preis – obwohl man uns verpflichtet hat, für Ubuntu nichts zu berechnen. Das Wichtigste an Ubuntu ist nicht, dass es kostenlos ist, sondern dass es die Freiheitsrechte der Software an die Leute verleiht, die Ubuntu installieren und nutzen. Diese Freiheiten sind es, die es der Gemeinschaft der Ubuntu-Benutzer ermöglichen, zu wachsen und ihre gemeinsame Erfahrung und ihr Wissen weiterzugeben, um Ubuntu zu verbessern und es für den Einsatz in neuen Ländern und Branchen anzupassen. In »Was ist freie Software« der »Free Software Foundation« sind die wichtigsten Freiheiten freier
Software beschrieben als:
- die Freiheit, Programme für jeden Zweck auszuführen
- die Freiheit, die Funktionsweise eines Programms zu untersuchen und es an seine Bedürfnisse anzupassen
- die Freiheit, Kopien weiterzugeben, damit man anderen helfen kann
- die Freiheit, das Programm zu verbessern und seine Verbesserungen an die Öffentlichkeit zu bringen, damit jeder profitiert
Freie Software ist seit mehr als zwei Jahrzehnten eine kohärente soziale Bewegung. Diese Bewegung hat Millionen an Codezeilen, Dokumentation und eine dynamische Gemeinschaft hervorgebracht, zu der sich Ubuntu stolz hinzuzählt.
Quelloffene Software
»Quelloffene Software« ist ein Ausdruck, der 1998 geprägt wurde, um die Doppeldeutigkeit des englischen Worts »free« zu umgehen. Die Open Source Initiative beschreibt quelloffene Software in der »Open Source Definition«. Quelloffene Software erfreut sich fortdauernd wachsenden Erfolges und breiter Wahrnehmung. Ubuntu bezeichnet sich gern als quelloffene Software. Während manche freie und quelloffene Software für konkurrierende Bewegungen mit unterschiedlichen Zielen halten, betrachtet die Ubuntu-Community freie und quelloffene Software weder als voneinander verschieden noch als unverträglich. Ubuntu hat erfreulicherweise Mitglieder, die sich entweder zum Lager der »freien Software« oder dem der »quelloffenen Software« zählen und viele, die sich mit beiden identifizieren.
2.3.4 Das Ökosystem
Bei Ubuntu wird großes Gewicht auf das Ökosystem rund um die Distribution gelegt:
»Es ist das Ökosystem um das Betriebssystem herum, das es am Leben hält. Der Support
aus der Community diktiert den Erfolg eines Produkts.«
(Mark Shuttleworth auf der LinuxWorld Expo 2005)
Canonical
Canonical ist ein international tätiges Unternehmen. Während die Zentrale auf der Isle of Man liegt, verteilen sich die Angestellten auf mehrere Kontinente, u. a. Europa, Nord- und Südamerika sowie Australien. Der harte Kern umfasst etwas mehr als 30 Entwickler aus unterschiedlichen Open-Source-Projekten, beispielsweise von GNOME, KDE oder Debian. Die Isle of Man ist eine Insel in der Irischen See, die als autonomer Kronbesitz direkt der britischen Krone unterstellt ist. Die Isle of Man ist als Steueroase und Sitz vieler Offshore-Firmen bekannt.
Postadresse der Firma Canonical
Canonical Ltd. hat sich die Entwicklung, Verteilung und Bekanntmachung von Open-Source-Software zum Ziel gesetzt. Hierzu werden einzelne Projekte ins Leben gerufen und finanziell unterstützt. Sie können die Firma Canonical per E-Mail (info@canonical.com) oder über die folgende Adresse erreichen:
Canonical Ltd.
1 Circular Road
Douglas
Isle of Man
IM1 1AF
Weitere Projekte von Canonical
Obwohl Canonical immer in Verbindung mit Ubuntu genannt wird, sollten Sie wissen, dass diese Firma auch andere Projekte ins Leben gerufen hat oder unterstützt. Canonical muss Geld verdienen, um seine Existenz zu sichern. Eine wichtige Einnahmequelle ist der Verkauf von professionellem Support an Firmen. Da Unternehmen aber nicht alle sechs Monate (normaler Versionszyklus von Ubuntu) ihre Systeme umrüsten und neu konfigurieren können, wurden die sogenannten LTS-Versionen (Long Term Support) geschaffen. Jede vierte Veröffentlichung von Ubuntu ist eine solch besondere Version:
- Ubuntu 6.06.x LTS, »Dapper Drake«, erschienen im Juni 2006 – siehe Abschnitt 3.1.4, »6.06 LTS – Dapper Drake«
- Ubuntu 8.04.x LTS, »Hardy Heron«, erschienen im April 2008 – siehe Abschnitt 3.2.4, »8.04 LTS – Hardy Heron«
- Ubuntu 10.04.x LTS, »Lucid Lynx«, erschienen im April 2010 – siehe Abschnitt 3.3.4, »10.04 LTS – Lucid Lynx«
- Ubuntu 12.04.x LTS, »Precise Pangolin«, erschienen im April 2012 – siehe Abschnitt 3.4.4, »12.04 LTS – Precise Pangolin«
Sie erfahren in Abschnitt 2.1.2, »Veröffentlichungspolitik«, mehr über die LTS-Versionen von Ubuntu.
Das Versprechen von Ubuntu
Ubuntu ist das Zugpferd von Canonical, mit dessen Hilfe das Unternehmen sein Geld verdienen möchte. Dies geschieht vorrangig über das Anbieten von Support. Zur Absicherung der Entwicklung von Ubuntu wurde die Ubuntu Foundation gegründet, die Folgendes verspricht:
- Ubuntu wird immer kostenlos bleiben. Es werden auch in Zukunft niemals für Ubuntu oder einzelne Komponenten Lizenzgebühren verlangt.
- Ubuntu wird kontinuierlich und in regelmäßigen Abständen erscheinen. Es wird ca. alle sechs Monate eine neue Version von Ubuntu geben.
- Ubuntu entspricht in allen Bereichen den Prinzipien der Open-Source-Entwicklung. Keine Komponente von Ubuntu wird jemals proprietär sein. Canonical ermutigt nachdrücklich alle Menschen, Ubuntu zu benutzen und zu testen.
Go Open Source Campaign
Die »Go Open Source«-Kampagne hat es sich zum Ziel gesetzt, den Vorteil von Open-Source-Software in Südafrika publik zu machen. In dieser Kampagne haben sich Organisationen aus privaten, wirtschaftlichen und Verwaltungssektoren zusammengeschlossen, um sich gemeinsam für die Verbreitung der Open-Source-Software in allen Bevölkerungsschichten einzusetzen.
Auf diese Weise soll auch Menschen aus ärmeren Ländern die Möglichkeit gegeben werden, sich auf dem EDV-Gebiet Wissen anzueignen, um mit Hilfe dieses Wissens ihre Zukunft besser zu gestalten und Wege aus der Armut zu finden. Damit diese Ziele verwirklicht werden, wird nicht nur die Verbreitung der kostenlosen Software vorangetrieben, sondern auch Aufklärungsarbeit über die Medien betrieben, und es werden regelmäßige Treffen organisiert.
Freedom Toaster
Im Jahr 2001 gründete Mark Shuttleworth die Shuttleworth Foundation mit dem Ziel, der südafrikanischen Jugend eine zentrale Anlaufstelle für alle technologischen Aspekte des Internets zu geben. Shuttleworths Überzeugung war, dass einzig und allein Bildung der Schlüssel zum geistigen Potential Afrikas ist.
Die Shuttleworth Foundation hilft ganz real an vielen Orten Afrikas. So wurden zum Beispiel an vielen Orten sogenannte »Freedom Toaster« aufgestellt (siehe Abbildung 2.6), an denen die Menschen kostenlos Kopien von freier Software anfertigen können. Aufgrund mangelnder Telekommunikationsnetze in Afrika ist der Download größerer Datenmenge nämlich an vielen Stellen so gut wie unmöglich. Seit 2008 befindet sich auch ein erster Freedom Toaster in Indien und im nördlichen Afrika, in Äthiopien.
Abbildung 2.6 Der »Freedom Toaster«. Mit ihm lassen sich verschiedene Distributionen kostenlos auf einen selbst mitgebrachten Rohling brennen.
An diesen Toastern sind natürlich die neuesten Ubuntu-Versionen zu bekommen, aber auch andere Distributionen wie Debian, SUSE, Mandriva, Fedora Core, Knoppix, FreeBSD, Gentoo und Slackware. Daneben gibt es einzelne Programme wie LibreOffice oder die Produkte der Mozilla-Stiftung (Firefox, Thunderbird usw.). Neben Software findet man dort auch Literatur aus dem Project Gutenberg. Das freie Project Gutenberg bietet mehr als 18.000 Bücher, bei denen das Copyright inzwischen abgelaufen ist.
Hilfe für deutsche Studenten
Anfang 2007 wurde auf dem Gelände des Umwelt-Campus Birkenfeld die erste derartige öffentliche Brennstation in Deutschland namens »Flying Toaster« aufgestellt.
2.3.5 Launchpad
Das Launchpad (launchpad.net) ist eine Art Portal, das eine Sammlung von Services für Open-Source-Projekte bietet. Jeder, der möchte, kann sein eigenes Projekt dort registrieren und dann gemeinschaftlich mit anderen an diesem Projekt arbeiten, beispielsweise an Übersetzungen, dem eigentlichen Quellcode des Programms oder am Beheben von Fehlern. Des Weiteren können Sie den Entwicklern der Open-Source-Projekte über Launchpad Verbesserungswünsche und Anregungen mitteilen. Launchpad ist wohl neben Ubuntu das ambitionierteste Projekt von Canonical.
Abbildung 2.7 »Launchpad« – hier können Sie aktiv bei der Entwicklung von Ubuntu und vielen anderen Projekten mithelfen.
Das Portal Launchpad ist in mehrere Rubriken aufgeteilt:
- Code
Dieser Bereich dient dem gemeinsamen Arbeiten an Projekten jeglicher Art. Gemein ist allen Projekten lediglich, dass sie offen einsehbar sind. - Bugs
Hier können Sie Softwarefehler melden – das sogenannte »Bug Tracking«. - Blueprints
Im Bereich »Blueprints« können Sie den Entwicklungsstand einzelner Projekte und deren Fortschritte verfolgen. So erhalten Sie dort beispielsweise ebenfalls einen Überblick über den Entwicklungsstand von Ubuntu. - Translations
Dieser Bereich stellt ein Übersetzungsportal dar, bei dem jeder an der Übersetzung von Programmen in verschiedene Sprachen mitarbeiten kann. - Answers
An dieser Stelle soll eine »Knowledge Base« entstehen. Eine Wissensdatenbank (englisch knowledge base) ist eine Datenbank für ein Wissensmanagement. Sie stellt die Grundlage für die Sammlung von Informationen dar. Zu allen Projekten können Fragen gestellt werden, die von allen Teilnehmern beantwortet werden können.
Sourceforge und Savane: Sourceforge (zu Deutsch: »Quellcodeschmiede«) ist zurzeit die weltweit größte Sammlung von Open-Source-Projekten. Die Seite beherbergt das Programm Sourceforge, das bis vor einiger Zeit noch frei verfügbar war, jetzt aber kommerziell vertrieben wird. Die Firma, die sich hinter diesem Projekt befindet, ist Sourceforge Inc. Sie betreibt ebenfalls eine Reihe anderer Seiten, beispielsweise Slashdot, Linux.com, NewsForge und IT Manager's Journal. Das Programm Sourceforge eignet sich für proprietäre Projekte von kommerziellen Firmen, an die die Software auch verkauft wird. Die Internetseite unter www.sourceforge.net mit über 100.000 Softwareprojekten ist damit eine gute Werbung für die Leistungsfähigkeit dieser Software. Die Free Software Foundation gab mit der Software Savane eine Open-Source-Antwort auf die proprietäre Sourceforge-Software. Hierbei basiert Savane auf der Version 2 der Sourceforge-Software.
2.3.6 Die Ubuntu Foundation
Mark Shuttleworth und Canonical Ltd. gründeten am 1. Juli 2005 die Ubuntu Foundation, die mit einem anfänglichen Startkapital von insgesamt 10 Millionen US-Dollar ausgestattet wurde. Mit Hilfe dieses Geldes sollen wichtige Community-Mitglieder eingestellt werden, um sicherzustellen, dass Ubuntu kontinuierlich weiterentwickelt wird. Es gibt also prinzipiell zwei »Gesellschaften«, die sich um Ubuntu kümmern:
- Die kommerziell ausgerichtete Firma Canonical. Das Geld möchte Canonical durch regionale und globale Partnerschaften, Zertifizierungen und Support-Programme verdienen.
- Die gemeinnützige Ubuntu Foundation kümmert sich um die kontinuierliche Weiterentwicklung der Distribution. Somit ist der Fortbestand von Ubuntu nicht gefährdet, selbst wenn Canonical kein Geld verdienen würde und die Firma Konkurs anmelden müsste.
Die Gründung dieser Foundation hat ebenfalls das Ziel, Ubuntu unabhängiger von den Entscheidungen einer einzelnen Person, beispielsweise von Mark Shuttleworth, zu machen. Gerade diese Abhängigkeit war im Vorfeld einer der großen Kritikpunkte an Ubuntu.
2.3.7 Wie lässt sich mit Ubuntu Geld verdienen?
Canonical ist keine Hilfsorganisation mit ehrenamtlichen Helfern, sondern ein auf Geld und Profit ausgerichtetes Unternehmen, das mit Produkten und Dienstleistungen Geld verdienen will und muss, um längerfristig am Markt bestehen zu können. Das wichtigste und herausragende Produkt nennt sich Ubuntu und ist Gegenstand dieses Buchs. Doch zu unser aller Freude ist Ubuntu kostenlos – wie lässt sich also damit Geld verdienen?
Infrastruktur
Mark Shuttleworth hat die Feststellung getroffen, dass eine Linux-Distribution von der Infrastruktur und Community lebt und profitiert. Hinter dieser Aussage steckt die Absicht, genau mit diesem Ökosystem auch das Geld zu verdienen.
Mit privaten Anwendern lässt sich nur sehr wenig Geld verdienen. Dies liegt vor allem daran, dass es zu viel Konkurrenz durch andere Linux-Distributionen gibt. Auch wenn Ubuntu ein überaus stabiles und erfolgreiches Produkt ist, lässt sich ebenfalls hervorragend mit anderen Produkten wie openSUSE, Fedora, Mandriva, Debian und anderen produktiv arbeiten.
Canonical hat dies erkannt und versprochen, dass Ubuntu immer kostenlos verfügbar sein wird. Laut Shuttleworth wird es auch niemals kommerzielle Versionen von Ubuntu geben, beispielsweise »Ubuntu Ultimate«. Allerdings lässt sich mit Produkten rund um Ubuntu einiges an Geld verdienen. Hauptanlaufstelle für sämtliche Anfragen ist die Adresse https://shop.canonical.com/:
- Privatanwender
Private Anwender können hier offizielle Merchandising-Produkte erwerben, beispielsweise T-Shirts und Pullis, aber auch Accessoires wie Aufkleber, Buttons usw. Des Weiteren ist es möglich, original Ubuntu-Software auf offiziellen Datenträgern oder Software der sogenannten »Ubuntu-Partner« zu erwerben. Bei dieser handelt es sich zurzeit um eine professionelle Datenbanksoftware von IBM (DB2) und der Parallels Workstation. DB2 wird aufgrund des hohen Preises eher professionelle Anwender und Firmen interessieren. - Firmenkunden
Für Firmenkunden sind andere Produkte von Bedeutung. So können Firmen im Canonical Store offizielle Trainingsprogramme für den Umgang mit Ubuntu oder offiziellen Support (auch rund um die Uhr) erwerben. Ein offizieller Support ist hierbei ein besonders wichtiges Kriterium für den Einsatz von Ubuntu in Firmen. Keine Firma wird sich einen Ausfall des Betriebssystems leisten können; offizieller Support kann dem entgegenwirken. Des Weiteren wird das kostenpflichtige Werkzeug Landscape angeboten, das die Installation und Verwaltung von Ubuntu auf vielen PCs vereinfacht. Wenn Unternehmen kostenpflichtigen Support erwerben, erhalten sie Landscape kostenlos.
Zertifikate und Partnerschaften
Die Zusammenarbeit mit anderen Herstellern und der Verkauf von Zertifikaten und Partnerschaften sind ebenfalls gewinnbringende Vertriebswege. Hersteller von Hardware können bei Canonical Zertifikate erwerben, die aussagen, dass die verwendete Hardware einwandfrei von Ubuntu unterstützt wird.
Als weitere Ausbaustufe lassen sich sogenannte »Partnerschaften« erwerben. Diese sagen aus, dass der Hardwarehersteller offiziell mit Canonical zusammenarbeitet und dass diese Kooperation zu einer größeren Verlässlichkeit der verwendeten Produkte führt. Viele Kunden wissen es zu schätzen, einen Server von IBM oder Sun kaufen und dabei die Sicherheit genießen zu können, dass die verwendete Software optimal mit dem System zusammenarbeitet.
Abstufungen
Der genaue Aufbau dieser Partnerschaften variiert sehr stark. Grundsätzlich ist es möglich, entweder Geschäfts-, Technologie- oder Trainingspartner zu werden. Innerhalb dieser Partnerschaften gibt es teilweise bis zu drei verschiedene Abstufungen, die den Grad der Zusammenarbeit ausdrücken sollen:
- »Ubuntu gold partner«
- »Ubuntu silver partner«
- »Ubuntu affiliate«
Für weitere Details verweise ich Sie auf die Seite http://www.canonical.com/partners. Zu guter Letzt bietet Canonical Softwareherstellern an, ihre Produkte auf Ubuntu zu portieren und über die eigene Paketverwaltung zum Download und/oder Erwerb anzubieten.
Ihr Kommentar
Wie hat Ihnen das <openbook> gefallen? Wir freuen uns immer über Ihre freundlichen und kritischen Rückmeldungen.